Neuer Trend: Verweigerung der Akteneinsicht in Sachen P2P

von Jan Spoenle, veröffentlicht am 29.04.2008

Nachdem bereits das LG Saarbrücken vor wenigen Monaten einem Anwalt der Medienindustrie das Recht auf Einsicht in die Ermittlungsakten gemäß § 406e Abs. 2 StPO verweigert hatte, wurde nun auch ein entsprechender Beschluss des LG München I bekannt. Beide Gerichte kamen zu dem Schluss, dass die Interessen der Anzeige erstattenden Medienindustrie im Rahmen der vorzunehmenden Abwägung weniger schutzwürdig seien als die des ermittelten Anschlussinhabers.

 

Das LG München I betonte dabei, dass dem schwerwiegenden Eingriff in das Fernmeldegeheimnis auf Seiten des Nutzers lediglich "fragliche zivilrechtliche Ansprüche" der Medienindustrie gegenüberstehen. Demzufolge habe die Staatsanwaltschaft die gebotene Interessenabwägung "zutreffend vorgenommen". Äußerst zitierfähig ist darüber hinaus die Feststellung des Gerichts, dass "aus dem Umstand, dass eine bestimmte IP-Nummer einer bestimmten Person zugeordnet werden kann"  noch nicht folge, "dass diese Person auch zu der angegebenen Tatzeit über den genannten Anschluss die vorgeworfenen Urheberechtsverletzungen begangen hat". Von einem hinreichenden Tatverdacht könne daher nicht ohne weiteres ausgegangen werden.

 

Beide Beschlüsse stärken einen Trend bei den Staatsanwaltschaften, die ungeliebte Hilfstätigkeit bei der Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche der Rechteinhaber gegen Tauschbörsennutzer zu vermeiden. Schließlich entstehen durch tausende von Anzeigen zur Ermittlung der Bestandsdaten hinter einer IP-Kommunikation erhebliche Kosten - den nötigen Zeitaufwand gar nicht eingerechnet.

 

Einen anderen Weg ging im letzten Jahr das AG Offenburg, das zumindest eine Abfrage beim Provider gem. § 100g StPO a.F. als unverhältnismäßig im Hinblick auf den Bagatellcharakter der verfolgten Tat ablehnte.

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[...] I der Medienindustrie - in diesem Fall der Pornoindustrie - die Einsicht in Ermittlungsakten verweigert. Das Gericht folgt dem LG Saarbrücken weitgehend, gibt jedoch noch deutlicher zu erkennen, dass [...]

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