Schlussanträge zu Altersabstandsklauseln

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 28.05.2008

Die Generalanwältin am EuGH, Eleanor Sharpston,  hat in der Rechtssache Bartsch ihre Schlussanträge vorlegt (vom 22.5.2008 - C-427/06). Das Verfahren vor dem EuGH beruht auf einem Vorabentscheidungsersuchen des BAG (vom 27.6.2006, NZA 2006, 1276) und betrifft eine Klausel in einer Regelung zur betrieblichen Altersversorgung. Hiernach sollte der hinterbliebene Ehegatte eines im Privatsektor Beschäftigten, der während des Bestehens des Arbeitsverhältnisses verstirbt, vom Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung ausschlossen sein, sofern er/sie mehr als 15 Jahre jünger ist als der/die verstorbene Beschäftigte (sog. Altersabstandsklausel). Das BAG fragt den Gerichtshof, ob eine solche Klausel im Widerspruch zu dem allgemeinen Grundsatz des Verbots der Altersdiskriminierung steht. Das Verfahren ist vor dem Hintergrund der umstrittene Mangold-Entscheidung (EuGH vom 22.11.2005, NZA 2005, 1345) zu sehen. Die Generalanwältin äußert hier, dass das Urteil Mangold dahin gehend zu verstehen sei, dass eine Diskriminierung wegen des Alters ein spezifischer Ausdruck einer Diskriminierung ist, die der im Gemeinschaftsrecht wohlbekannte allgemeine Grundsatz der Gleichbehandlung verbietet. In der vorliegenden Rechtssache - so der Schlussantrag - gäbe es jedoch keine einschlägige materielle Bestimmung des Gemeinschaftsrechts zur Regelung des Sachverhalts, an dem sich der allgemeine Gleichheitssatz festmachen könne. Anders als in der Rechtssache Mangold gäbe es keine nationale Regelung zur Umsetzung einer Richtlinie, für die die Umsetzungsfrist bereits abgelaufen ist. Es gäbe keine einschlägige Bestimmung des Vertrags oder anderweitige sekundärrechtliche Gemeinschaftsvorschriften. Es gäbe nur Art. 13 EG (bei dem es sich um eine Ermächtigungsnorm handelt, der es an unmittelbarer Wirkung fehlt) und die Richtlinie 2000/78 (für die die Umsetzungsfrist zu der maßgeblichen Zeit noch nicht abgelaufen war und die dementsprechend außer Betracht zu bleiben hat).  Unter diesen Umständen sei es nicht möglich, sich auf den allgemeinen Gleichheitssatz zu berufen, um sowohl eine anwendbare materielle Vorschrift des Gemeinschaftsrechts zu schaffen als auch festzulegen, wie diese materielle Vorschrift angewandt werden soll.  Im Ergebnis plädiert die Generalanwältin also dafür, Altersabstandsklauseln nicht für gemeinschaftswidrig zu erklären. Man darf gespannt sein, ob ihr der Gerichtshof in seiner in einigen Monaten zu erwartenden Entscheidung hierin folgt.

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