Online-Durchsuchung: Bayern schneller als der Bund

von Jan Spoenle, veröffentlicht am 04.07.2008

Der "Bayerntrojaner" steht vor der Tür: In seiner gestrigen Sitzung hat der Bayerische Landtag entsprechende Änderungen am Bayerischen Polizeiaufgabengesetz sowie am Bayerischen Verfassungsschutzgesetz verabschiedet, die den verdeckten Zugriff auf informationstechnische Systeme ermöglichen und zum 01. August 2008 in Kraft treten sollen.

Damit hat Bayern den Bund überholt - die vorgesehenen Änderungen im BKA-Gesetz sind nach wie vor umstritten und weit davon entfernt, verabschiedet zu werden. Nach der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Kommunalfragen und Innere Sicherheit erlaubt der neue Art. 34d PAG den verdeckten Zugriff auf informationstechnische Systeme, um Zugangsdaten und gespeicherte Daten des Nutzers zu erheben, wenn eine dringende Gefahr für den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes oder für Leib, Leben oder Freiheit einer Person besteht. Daneben kommen auch Vorbereitungshandlungen zu bestimmten Katalogstraftaten als Anlass in Betracht.

Die neue Vorschrift orientiert sich jedoch nicht ausschließlich am Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum nordrhein-westfälischen Verfassungsschutzgesetz: So verwundert etwa die Regelung, dass Daten unter bestimmten Voraussetzung "auch gelöscht oder verändert werden" dürfen, "andere als Zugangsdaten jedoch nur, wenn dies zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person erforderlich ist und eine Erhebung [der Daten] zur Abwehr der Gefahr nicht ausreichend wäre" (Art. 34d Abs. 1 Satz 2 PAG). Interessant ist auch die Möglichkeit zur Umgehung der Befristung: Grundsätzlich bleiben Maßnahmen nach Abs. 1 und Abs. 2 (Einsatz technischer Mittel zur Vorbereitung einer Maßnahme nach Abs. 1) auf drei Monate befristet, können jedoch um jeweils nicht mehr als einen Monat verlängert werden - eine maximale Dauer bzw. eine Begrenzung der Möglichkeit zur Verlängerung sucht man jedoch vergebens (Art. 34d Abs. 3 Satz 6 und 7 PAG).

Insofern werden die Roten Roben mit Sicherheit die Gelegenheit bekommen, ihre Ausführungen zum neuen Grundrecht auf Vertraulichkeit und Integrität von informationstechnischen Systemen zu präzisieren - entsprechende Verfassungsbeschwerden wurden seitens der Opposition im Bayerischen Landtag bereits angekündigt.

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[...] handelt es sich um die Legalisierung der Onlinedurchsuchung in Bayern, bei der die Süddeutschen einen beachtenswerten Ends.... Der neue Art. 34d des Bayerischen Polizeiaufgabengesetz erlaubt jetzt den verdeckten Zugriff auf [...]

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