Aus der Strafrechtspraxis: Heimlicher Deal mit der Staatsanwaltschaft?

von Prof. Dr. Bernd von Heintschel-Heinegg, veröffentlicht am 03.10.2008

Ernst August Prinz von Hannover  beschäftigt wieder einmal die Justiz in seiner Landeshauptstadt. Der Schmerzensgeldprozess gegen seinen ehemaligen Verteidiger verdient aber nicht wegen der Person des Klägers Interesse, sondern wegen seiner Einblicke in die Strafrechtspraxis.

Hintergrund

Der Vorfall, der dem Welfen-Prinz den Beinamen "Prügel-Prinz" einbrachte, ereignete sich im Jahr 2000 in Kenia. Nach seinen Angaben verpasste er damals einem deutschen Hotelier zwei Ohrfeigen. Im Strafprozess um diese Attacke, erklärte allerdings sein damaliger Verteidiger - der jetzige Beklagte - in Abwesenheit des Angeklagten, sein Mandant sei zum Tatzeitpunkt "beträchtlich alkoholisiert" gewesen und es könne nicht ausgeschlossen werden, dass einer seiner Begleiter ihm vor dem Vorfall "einen Gegenstand in die Hand gedrückt hatte". Das LG Hannover verurteilte daraufhin Ernst August in der Berufung (unter Aufhebung einer Bewährungsstrafe) im November 2004 wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Geldstrafe in Höhe von insgesamt 445.000 €, weil der Prinz mindestens fünfmal mit einem Schlagring oder einem ähnlichen Gegenstand auf den Hotelier eingeschlagen und ihm potentiell lebensbedrohliche Verletzungen zugefügt habe.

"Falsches Geständnis"

Ernst August Prinz von Hannover behauptet, sein Verteidiger habe für ihn ein falsches Geständnis abgelegt. Weder sei er alkoholisiert gewesen noch habe er einen Schlagring benutzt. Er verlangt eine öffentliche Richtigstellung und als "symbolischen Beitrag" ein Schmerzensgeld; es gehe ihm aber nicht um Geld, sondern um die Sache.

Donnerstag, 2. Oktober 2008: Erster Verhandlungstag

Der Beklagte räumte ein, dass das Geständnis nicht autorisiert gewesen sei. Diese Erklärung sei aber vor Gericht weder abgegeben noch verlesen worden. Einen Angriff auf die Persönlichkeitsrechte, der den Anspruch auf Schmerzensgeld rechtfertigen würde, sehe er nicht. Vielmehr habe er durch sein Handeln Schaden von seinem Mandanten abwenden wollen.

Das Urteil wird für den 27. Oktober erwartet.

Nun kommt`s

Der SPIEGEL Nr. 40 vom 29.9.2008 berichtet auf S. 58, dass dem Urteil von 2004, um eine drohende Freiheitsstrafe zu verhindern, ein Deal zwischen Verteidigung und Staatsanwaltschaft vorausgegangen sei. Die fragliche Erklärung, die sich wie ein Geständnis lese, sei nicht vom Beklagten, sondern vom zuständigen Oberstaatsanwalt aufgesetzt worden. Für eine Alkoholisierung gebe es kein Indiz. Doch ohne einen Milderungsgrund hätte sich eine Freiheitsstrafe kaum vermeiden lassen. Man darf gespannt sein, welche Erkenntnisse hierzu im Laufe des Zivilprozesses noch zu Tage kommen.

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