BAG ersucht EuGH erneut um Klarstellung der "Mangold-"Rechtsprechung

von Prof. Dr. Christian Rolfs, veröffentlicht am 20.10.2008

Das BAG versucht erneut, vom EuGH eine Klarstellung des „Mangold-“Urteils zu erlangen. Nachdem der EuGH in der Rechtssache Bartsch (C-427/06) der Frage nach der Reichweite des „primärrechtlichen Verbots der Diskriminierung wegen des Alters“ ausgewichen war, hat der 7. Senat mit Beschluss vom 16.10.2008 (7 AZR 253/07 (A)) den EuGH um eine Vorabentscheidung zur Vereinbarkeit einer deutschen Rechtsnorm mit Gemeinschaftsrecht ersucht.

Wie im „Mangold-“Fall geht es um die besondere Befristungsmöglichkeit mit älteren Arbeitnehmern nach § 14 Abs. 3 TzBfG a.F. Die Klägerin ist seit 1991 bei der Beklagten als Flugbegleiterin beschäftigt. Nach dem bei der Beklagten geltenden Manteltarifvertrag endet das Arbeitsverhältnis zunächst mit Ablauf des Monats, in dem der Arbeitnehmer das 55. Lebensjahr vollendet. Das Arbeitsverhältnis kann danach bei körperlicher und beruflicher Eignung des Kabinenmitarbeiters jeweils um ein weiteres Jahr bis längstens zur Vollendung des 60. Lebensjahres verlängert werden. Die Klägerin schloss nach der Vollendung ihres 55. Lebensjahres mit der Beklagten insgesamt fünf jeweils auf ein Jahr befristete Arbeitsverträge ab. Die Beklagte berief sich zur Rechtfertigung des zuletzt abgeschlossenen Arbeitsvertrags, bei dessen Beginn die Klägerin das 59. Lebensjahr vollendet hatte, auf die tarifliche Altersgrenze von 60 Jahren und auf die Befristungsmöglichkeit aus § 14 Abs. 3 Satz 1 TzBfG a.F.

Der 7. Senat hat die auf die Vollendung des 60. Lebensjahres bezogene Altersgrenze in dem Manteltarifvertrag nicht als sachlich gerechtfertigt i.S. des § 14 Abs. 1 TzBfG anerkannt (ebenso bereits BAG v. 31.7.2002 - 7 AZR 140/01, NZA 2002, 1155). Die Befristung konnte danach nur nach den gesetzlichen Vorschriften in § 14 Abs. 3 Satz 1 TzBfG gerechtfertigt sein. Das setzt voraus, dass der Bestimmung keine gemeinschaftsrechtlichen Grundsätze oder Regeln entgegenstehen, die zur Unanwendbarkeit der nationalen Norm führen. Nachdem der EuGH in der Rechtssache „Mangold“ entschieden hat, dass die nach § 14 Abs. 3 Satz 4 TzBfG a.F. vorgesehene Befristungsmöglichkeit eine nach Gemeinschaftsrecht unzulässige Diskriminierung wegen des Alters darstellt und die Vorschrift von den nationalen Gerichten nicht angewendet werden darf, ist es geboten, durch den EuGH überprüfen zu lassen, ob auch § 14 Abs. 3 Satz 1 TzBfG a.F. mit Gemeinschaftsrecht unvereinbar war und welche Rechtsfolgen sich bei einem Verstoß der Vorschrift gegen europäisches Recht ergeben. Im Gegensatz zu Satz 4 gestattete Satz 1 des § 14 Abs. 3 TzBfG a.F. die Befristung des Arbeitsverhältnisses erst mit Arbeitnehmern, die das 58. Lebensjahr vollendet hatten, während Satz 4 die Altersgrenze vorübergehend auf 52 Jahre abgesenkt hatte. Der Senat hat daher den Rechtsstreit gemäß Art. 234 EG ausgesetzt.

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