Arbeitsgericht Bonn: Kündigung einer Professorin wegen wissenschaftlichen Fehlverhaltens rechtmäßig

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 06.05.2024
Rechtsgebiete: Bürgerliches RechtArbeitsrecht|1160 Aufrufe

Der Fall der Professorin Ulrike Guérot, die seit 2021 am Fachbereich Politkwissenschaften an der Universität Bonn im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses tätig ist, hat bundesweit Schlagzeilen gemacht. Während der Corona-Pandemie hatte sie mit scharfer Kritik gegen die staatlichen Schutzmaßnahmen auf sich aufmerksam gemacht. Umstritten ist sie auch aufgrund ihrer Äußerungen zum Ukraine-Krieg. Seit Beginn des russischen Angriffs fordert sie sofortige Friedensverhandlungen. Kritiker werfen ihr vor, das Verhältnis von Angreifer und Angegriffenem dabei teilweise umzukehren.

Die Universität Bonn kündigte das Arbeitsverhältnis zum 31.03.2023. Zur Begründung der Kündigung stellt die Uni indes nicht auf ihre umstrittenen Äußerungen ab (das wäre wohl auch kaum tragfähig). Vielmehr wirft sie Frau Guérot vor, in insgesamt drei ihrer Publikationen die Grundsätze der guten wissenschaftlichen Praxis nicht eingehalten zu haben, indem sie jeweils an verschiedenen Stellen plagiiert habe. Gegen die Kündigung wehrt sich Frau Guérot vor dem ArbG Bonn. Sie bestreitet, dass sie in den drei Werken die Grundsätze der guten wissenschaftlichen Praxis habe einhalten müssen. Dies folge aus dem populärwissenschaftlichen Charakter der Werke. Zudem handele es sich bei den von der Beklagten monierten Stellen um bloße Zitierfehler. Sie erreichten in ihrer Anzahl kein erhebliches Maß. Ihr sei auch im Rahmen des universitären Untersuchungsverfahrens keine hinreichende Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt worden. Jedenfalls sei die Kündigung unverhältnismäßig, da die beklagte Universität eine Abmahnung als milderes Mittel hätte aussprechen können.

Das ArbG Bonn (Urteil vom 24.4.2024 - 2 Ca 345/23) ist zu der Auffassung gelangt, dass die Klägerin jedenfalls in einer ihrer Publikationen, welche sie im Rahmen ihrer Bewerbung vorgelegt hatte, die Grundsätze der wissenschaftlichen Redlichkeit vorsätzlich nicht eingehalten hat. Die Vorlage eines solchen Werkes in einem Bewerbungsverfahren um einen universitären Lehrstuhl stelle eine wesentliche Pflichtverletzung der Klägerin im Rahmen des Arbeitsverhältnisses dar. Dies gelte zumindest dann, wenn dieses Werk – wie von der Klägerin – als zentraler Bestandteil in die Bewerbung eingebracht worden sei. Die Vorlage einer Publikation in einem solchen Bewerbungsverfahren enthalte die Erklärung, dass die Regeln der guten wissenschaftlichen Praxis eingehalten worden seien. Etwaige Fehler im Verfahren um die Ermittlungen des wissenschaftlichen Fehlverhaltens führten nicht zur Unverhältnismäßigkeit der Kündigung. Aufgrund der Schwere der Verletzung in einem Kernbereich der Pflichten einer Professorin komme eine vorherige Abmahnung als milderes Mittel ausnahmsweise nicht in Betracht.

Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig.

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