OVG Berlin-Brandenburg: Post-Mindestohn-Verordnung rechtswidrig

von Prof. Dr. Christian Rolfs, veröffentlicht am 18.12.2008
Rechtsgebiete: ArbeitsrechtMindestlohnPost2|4783 Aufrufe

Das OVG Berlin-Brandenburg hat die Post-Mindestlohn-Verordnung für rechtswidrig erklärt (Urteil vom 18.12.2008 - OVG 1 B 13.08). Die Anwendung des Mindestlohns auf die gesamte Briefzusteller-Branche sei unzulässig. Das AEntG lasse eine Übertragung von Mindestlöhnen nur auf tariflich nicht gebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu. Die Post-Mindestlohn-Verordnung schreibe den Tarif-Mindestlohn hingegen für alle Arbeitnehmer und Arbeitgeber vor, die nicht an den eigentlichen Tarifvertrag gebunden sind. Damit werde die gesetzliche Ermächtigung überschritten. Damit berstätigt das Gericht im Ergebnis das Urteil der ersten Instanz (dazu BeckBlog vom 8.3.2008). Die Revision zum BVerwG wurde zugelassen.

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2 Kommentare

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Zugleich hat das OVG Berlin-Brandenburg die Klagen dreier privater Postdienstleistungsunternehmen als unzulässig abgewiesen und diese an die Arbeitsgerichtsbarkeit verwiesen. Näheres ist hierzu noch nicht bekannt.
Schwierig ist allerdings die Frage, wie das funktionieren soll. Eine Möglichkeit ist sicherlich, dass das Unternehmen den Mindestlohn nicht zahlt und damit eine Klage eines Arbeitnehmers zum Arbeitsgericht provoziert. Das ist aber kaum zumutbar, denn die BriefArbbV (Mindestlohnverordnung) ist ja nicht aufgehoben o.ä. - sie ist rechtlich verbindlich und die Nichteinhaltung der Mindestlohnvorgaben ist als Ordnungswidrigkeit bußgeldsanktioniert oder gar strafrechtlich relevant (vgl. § 266a StGB). Es kann kaum angenommen werden, dass das OVG hierzu zwingen will. Die andere Möglichkeit besteht wohl darin als betroffenes Unternehmen eine Feststellungsklage zum Arbeitsgericht zu erheben. Das funktioniert aber auch nur dann, wenn man sich einen einzelnen Arbeitnehmer seines Unternehmes "herauspickt" und mit diesem ein Exempel statuiert. Eine solche Feststellungsklage würde aber auch nur zwischen den Parteien des Rechtsstreits wirken. Hätte denn das Arbeitsgericht die Kompetenz, die BriefArbbV inzident zu verwerfen? Wer wäre an diese Verwerfung gebunden?

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Ist es nicht so, dass es sich um eine bloße Rechtsverordnung handelt und das Verwerfungsmonopol des BVerfG nach Art. 100 GG nur für formelle Gesetze gilt? Somit meine ich, dass jedes Gericht eine inzidente Verwerfungskompetenz hat.

Dies gilt erstmal nur inter partes, erlaubt aber für die Bundesregierung oder jede Landesregierung eine abstrakte Normenkontrolle zum Bundesverfassungsgericht (§ 76 I Nr. 2 BVerfGG), die dann für und gegen alle gilt.

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