Schadensersatz wegen Nichtbeschäftigung als Eishockeyprofi

von Prof. Dr. Christian Rolfs, veröffentlicht am 02.05.2024
Rechtsgebiete: Bürgerliches RechtArbeitsrecht|915 Aufrufe

Die für den Bereich der Bühnenkünstler entwickelte Rechtsprechung zum pauschalierten Schadensersatz von bis zu sechs Monatsgagen pro Spielzeit bei einer Verletzung des Beschäftigungsanspruchs kann nicht auf den Profimannschaftssport übertragen werden.

Das hat das BAG entschieden. Der Kläger ist Eishockeyprofi und spielte seit der Saison 2017/18 in der zweiten Liga (DEL 2), seine Vergütung belief sich auf knapp 6.500 Euro brutto monatlich. Nachdem die Saison 2019/20 wegen der Coronapandemie im März 2020 vorzeitig abgebrochen worden war, sprach die beklagte Arbeitgeberin eine Änderungskündigung aus. Der Kläger erhob Änderungsschutzklage. Zu dem im September 2020 wieder aufgenommenen Trainingsbetrieb wurde er zunächst nicht zugelassen, erstritt seinen Beschäftigungsanspruch aber im Wege der einstweiligen Verfügung. Am Tag nach dem erstinstanzlichen Verfügungsurteil begann die Spielsaison 2020/21, am selben Tag kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis fristlos. Der Kündigungsschutzprozess endete zugunsten des Klägers durch Anerkenntnisurteil.

Nunmehr macht der Kläger Schadensersatz wegen seiner Nichtbeschäftigung geltend. Wegen der Höhe beruft er sich auf die Rechtsprechung des BAG, die bei vertragswidriger Nichtbeschäftigung von Bühnenkünstlern sechs Monatsgehälter als Schadensersatz für angemessen erachtet hat (BAG, Urt. vom 12.11.1985 - 3 AZR 576/83, AP BGB § 611 Bühnenengagementsvertrag Nr. 23; Urt. vom 18.3.1999 - 8 AZR 344/98, BeckRS 1999, 40965). Diese Judikatur will der Achte Senat indes nicht auf Profisportler übertragen wissen:

Allerdings bestehen in Bezug auf einen möglichen Schaden infolge pflichtwidrig unterbliebener Beschäftigung zwischen Bühnenkünstlern und Profimannschaftssportlern gleichwohl Unterschiede, die einer Übertragung der auf Bühnenkünstler zugeschnittenen Rechtsprechung entgegenstehen. Insbesondere haben Profimannschaftssportler – im Unterschied zu Bühnenkünstlern (vgl. BAG 12. November 1985 – 3 AZR 576/83 – zu II 1 a der Gründe) – regelmäßig gerade keinen Anspruch darauf, öffentlich aufzutreten. Mannschaftsangehörige Berufssportler haben idR kein Recht auf einen Spieleinsatz. Vielmehr entscheiden eine Vielzahl von Umständen, und zwar von Spiel zu Spiel neu, darüber, ob sie vom Trainer im Spielbetrieb eingesetzt werden. Dabei können neben dem individuellen Leistungsvermögen des Spielers oder anderer Spieler auch andere Umstände wie etwa die Teamfähigkeit, Einsatzbereitschaft und das Verhalten des Spielers oder mannschaftstaktische Erwägungen von Bedeutung sein (BAG 16. Januar 2018 – 7 AZR 312/16 – Rn. 33, BAGE 161, 283; 22. August 1984 – 5 AZR 539/81 – zu I 2 b der Gründe). Mannschaftsangehörige Berufssportler können somit im Unterschied zu Bühnenkünstlern von vornherein nicht darauf vertrauen, aufgrund ihres Arbeitsvertrags öffentlich auftreten zu können.

Es blieb daher - auch aus prozessualen Gründen - bei dem vom ArbG Dresden erstinstanzlich zuerkannten Schadensersatz iHv. zwei Bruttomonatsgehältern (knapp 12.700 Euro).

BAG, Urt. vom 29.2.2024 - 8 AZR 359/22, BeckRS 2024, 7967

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