Bündnis für das deutsche Recht: Deutsches Recht als "Exportschlager" ?

von Dr. Michael Karger, veröffentlicht am 28.10.2008

Das deutsche Recht gerät in die Defensive. Es wird im Wettbewerb der Rechtsordnungen zunehmend vom anglo-amerikanischen Recht verdrängt. Deshalb haben das Bundesministerium der Justiz, der Deutsche Richterbund, die Bundesrechtsanwaltskammer, die Bundesnotarkammer, der Deutsche Anwaltsverein und andere Justizorganisationen nunmehr ein "Bündnis für das deutsche Recht" geschlossen.

Das Thema hat u.a. für den Technologiebereich große praktische Relevanz: Viele Projekte im Online-Bereich und in der Informationstechnologie haben längst internationalen Charakter. In Vertragsverhandlungen stellt sich regelmäßig die Frage nach der zu treffenden Rechtswahl. Da stellt man meistens fest: Kein ausländisches Unternehmen möchte sich auf deutsches Recht einlassen. Das deutsche Recht gilt den meisten anglo-amerikanisch geprägten Unternehmen als umständlich. Auf glattes Unverständnis trifft insbesondere das AGB-Recht, denn hier können die meisten nicht nachvollziehen, warum Grundsätze, die aus dem Verbraucherschutz kommen, auch zwischen Unternehmen gelten sollen. Zum "schlechten Image" des deutschen Rechts trägt maßgeblich auch das deutsche Arbeitsrecht bei, das von vielen ausländischen Unternehmen als zu einseitig arbeitnehmerschützend wahrgenommen wird.

Die Vorzüge des deutschen Rechts werden dagegen weniger wahrgenommen: Es ist "vorhersehbar, bezahlbar und durchsetzbar", meint jedenfalls das Bündnis. Diese Vorteile sollen selbstbewußt dargestellt werden, u.a. durch die Übersetzung deutscher Rechtstexte und Broschüren. Eine solche PR-Offensive ist begrüssenswert. Es sollte dabei aber auch darauf gesehen werden, in welchen Punkten das deutsche Recht eher unattraktiv ist. Die Fesseln des AGB-Rechts im unternehmerischen Verkehr sind ein Beispiel dafür.

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2 Kommentare

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Auf diesen Wettbewerb zwischen den Rechtsordnungen und die Bedeutung der englischen Sprache hat Prof. Sandrock in seinem Artikel "International Law and the German Language: Facts and Consequences" bereits 1999 hingewiesen (Festschrift für Bernhard Großfeld zum 65. Geburtstag). Der Text ist abrufbar über www.cgerli.org.
Das Projekt CENTRE FOR GERMAN LEGAL INFORMATION verfolgt den von Prof. Sandrock vorgeschlagenen Weg und
bietet durch eine umfassende und kostenlose Datenbank einen "gateway to German law in English"

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Ein Dankeschön an Jan Scharlau für diesen guten Hinweis. Der Aufsatz von Prof. Sandrock in deutscher Sprache ist abrufbar unter

http://www.cgerli.org/fileadmin/user_upload/interne_Dokumente/Materialie...

und absolut lesenswert. Er zeichnet historsch die Bedeutung (oder besser: die Bedeutungslosigkeit) des deutschen Rechts im internationalen Kontext nach. Sandrock stellt fest, das deutsche Recht habe es nicht nötig, sich zu verstecken, es müsse aber erreicht werden, dass die Stimme der deutschen Rechtswissenschaft im Ausland überhaupt vernommen wird. Sein Fazit: Es muss mehr Publikationen in englischer Sprache geben, da man mit der deutschen Sprache niemanden erreiche.

Für den IT-Bereich gibt es als gute Medien hierfür z.B. die GRUR-Int und die Computer Law Review International (CRi). Aber werden diese Zeitschriften im Ausland überhaupt in nennenswertem Umfang gelesen ?

http://rsw.beck.de/rsw/shop/default.asp?site=GRUR-Int
http://www.cr-international.com/

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